Erschießen

Tragikfaktor 3/5

Ihr braucht: einen beliebigen bewaffneten Konflikt, geeignet für den Tod von Nebennebenfiguren verbunden mit Systemkritik

Sie waren sechzehn als Lucian und er das erste Mal in ein echtes Gefecht gerieten. Sie hatten einen Waffentransport überwacht und waren plötzlich von feindlichen Soldaten umzingelt. Er erinnerte sich im Wesentlichen an Lärm, Chaos, Explosionen, Schlamm und Blut. Ein paar Mal verlor er völlig die Orientierung.

Lucian hatte er gleich in den ersten Minuten aus den Augen verloren und er versuchte sofort, ihn wieder zu finden. Er wich einigen der feindlichen Soldaten aus, bevor ihn jemand anbrüllte: „Du sollst schießen, du dämlicher Idiot! Erschieß` sie, verdammt, wofür hast du das Ding denn in der Hand?!“

Es war schwerer, auf echte Soldaten zu zielen als auf bewegliche Ziele im Training. Obwohl er anfangs kaum verstand, dass ein lebendiges Wesen gestorben war, wenn einer der Soldaten umfiel. Sie waren in voller Montur, die sie aussehen ließ wie Maschinen. Dann allerdings sah er einen, der seinen Helm verloren hatte. Zwei starre grüne Augen blickten ihn an, obwohl sie längst nichts mehr sehen konnten. Das Gesicht zu den Augen war blutverschmiert. Trotzdem konnte er erkennen, dass der Soldat nicht viel älter gewesen war, als er selbst. Plötzlich war ein Schatten neben ihm. Er schoss bevor ihm überhaupt klar war, wer oder was der Schatten war. Der Soldat stürzte vor seine Füße, tot.

Er würde nie wissen, ob er aus Notwehr oder ihm in den Rücken geschossen hatte. Aber es ging um den Feind, nicht wahr? Also war es vermutlich egal.

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