Erhängt

Tragikfaktor 1/5

Ihr braucht: Eine Lichterkette. Einen Baum. Eine Portion Pech.

Und sie sagte noch „Kauf nicht die billige Lichterkette vom Aldi! Ich will nicht wieder, dass wir schon Mitte Dezember im Dunkeln sitzen. Es war so peinlich, letztes Jahr. Die ganze Straße hell erleuchtet. Jeder verd* Strauch und jede verd* Thuje in jedem Garten hatte Lichter in den Zweigen, nur in unserem Garten war alles dunkel! Also achte diesmal darauf, dass nicht wieder die Katzen die Kabel durchnagen können oder etwas im Wind reißt oder was auch immer. Und dass du mir ja auch den Apfelbaum schmückst! Dieses knorrige alte Ding ist das ganze Jahr einfach nur hässlich! Ich weiß, du liebst ihn wegen deinem Großvater und was weiß ich noch für eine tragisch-traurige Sommerferien-Kindheitsgeschichte, aber das Ding hat längst aufgegeben. Kein Apfel, nirgends. Also pack wenigstens ein paar Leuchten dran, dann ist es für irgendetwas nutze. Aber nicht die Billigen, hörst du? Das Ding soll halten bis Februar!“. Und er hatte auf sie gehört. Hatte die gute, teure Outdoor-Lichterkette genommen. Besonders robust. Ob es einen Unterschied gemacht hätte? Sein Blick fiel auf die Leiter, die unter seinen strampelnden Füßen im Schnee lag. Die zweifach isolierten Kabel gruben sich tief in seine Haut, eine der kleinen Glühbirnen schnitt in seinen Hals, warmes rotes Blut tropfte neben die Leiter. Seine Finger zitterten, rutschten immer wieder an der Isolierung ab. Sein Blick verschwamm langsam, eine diffuse Dunkelheit machte sich an den Rändern seines Sichtfeldes breit. Plötzlich ein helles Licht.

„Sie leuchtet, Carsten! Oh, es sieht schön aus! Carsten?“

Ja, das tat es bestimmt. Schade, dass er es nie würde sehen können.  

„CARSTEN!“

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