Zerknülltes Papier
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Die kleine Kolumne über die Tücken des (Roman)-Schreibens

von Jana, Lesezeit < 10 Minuten

Kapitel 3: Schreibblockade

Es diskutieren die Autorin (A) und zwei ihrer Romanfiguren: Eleonore (E) und Damian (D), Eltern der Hauptfigur Jule. Die beiden haben sich scheiden lassen, als Jule fünf war (mittlerweile ist sie Mitte zwanzig). Eleonore war zwischenzeitlich noch drei weitere Male verheiratet.

E: *Hust*, ist das staubig hier!
D (zieht sich eine Spinnwebe aus den Haaren): Scheint lange keiner mehr hier gewesen zu sein.
A (jault laut auf): Jaaaa, das weiß ich selbst! Okay! Ich versuche es. Ich versuche es wirklich! ABER MIR FÄLLT GERADE NICHTS EIN! ES IST FURCHTBAR, OKAY????
E: Alles gut, Schätzchen. Kein Grund, uns ertauben zu lassen.
D: Und ich dachte, es gäbe einen Plot?
A: Der nützt mir nichts. Ich… ich hasse ihn, okay! Die Linie ist klar, aber trotzdem gibt es so viele Möglichkeiten. Jule könnte den Albtraum jetzt haben oder später. Die nächste Figur könnte jetzt auftauchen oder später. Dann das Archiv: Mache ich das jetzt oder geht sie als Nächstes einfach nach Hause und heult, weil sie feststellt, dass sie unfähig ist, einen längeren Text als eine beschissene zweiseitige Kurzgeschichte zu schr…
E: Entschuldige, aber ich glaube, wir sind nicht mehr so ganz beim Thema.
D: Du musst dich ein bisschen entspannen. Hast du nicht, also ich weiß nicht, so eine Art Bauchgefühl?
A: Ja. Habe ich. Normalerweise. Aber es ist weg. Weg. Finito. Ich sitze da. Ich starre den Bildschirm an. Und ich hasse. Mein. Roman. Projekt.
E: Nein, das tust du nicht. Du hast nur eine kleine Durststrecke. Sowas passiert!
A: Aber es ist nicht nur der Roman. Es ist alles. Schreiben macht mir keinen Spaß mehr. Egal, was ich schreiben will. Nichts geht mehr. Ich habe meine Passion verloren. Mein Leben ist vorbei.
D: Bestimmt nicht. Ich sehe das wie Eleonore, du brauchst einfach mal eine Pause und dann kommt die Lust von ganz allein wieder. Schreiben ist doch, was dich ausmacht. Das merke ich dir an. Und El geht es genau so, nicht wahr?
E: Absolut! Schätzchen, wo wären wir denn ohne dich?
A: Meint ihr wirklich?
E: Klar doch! Wie wäre es, wenn du erstmal deinen Anfang überarbeitest, wenn weiterschreiben gerade hakt?
A: Du meinst, das berühmte Kapitel 2?
E (seufzt): Wenn es dir hilft, sogar das.
A: Aber was, wenn ich den Anfang lese und ihn furchtbar finde?
D: Was, wenn du ihn großartig findest?
E: Wir könnten uns bei passabel treffen. Das wäre wenigstens realistisch.
D (murmelt leise): Die Optimistin in Person.
E: Das war nicht leise genug. (Tritt ihm auf den Fuß.)
D: Autsch!
E: Du könntest auch eine Szene schreiben, die gar nicht im Roman vorkommt, aber dich irgendwie beflügelt.
A: Und die wäre?
E: Ähm…
D: Also ich hätte da eine Idee! Soweit ich weiß, hängst du doch gerade an der Therapiesitzung?
A: Ja, genau.
D: Weißt du eigentlich, wie Jules erste Sitzung ablief?
A: Nicht wirklich. Ich habe vage Andeutungen im Kopf.
D: Schreib die! Denn zufällig weiß ich, dass El…
E: Untersteh dich! Woher weißt du überhaupt davon? Du warst nicht dabei! Wenn ich mich recht erinnere, warst du nicht mal in der Stadt! Überhaupt spielst du im Roman noch gar nicht mit – (blickt zu A): Wieso ist er überhaupt schon entwickelt?!
A: Ähm, weil… weil…
D: …sie mich für Hintergrundinfos brauchte…
A: …die am Ende alle gelogen waren.
D: Wir haben schon wieder den Faden verloren. Es ging um Schreibblockaden.
E: Also ich finde, wir sind genau richtig!

Fortsetzung folgt. Vielleicht 😉