von Jana, Lesezeit ca. 3 Minuten
Der Bus erreichte mit leichtem Schlingern die Haltestelle und bremste ab. Mühsam hatte sie sich bis zur Tür gedrängt, sah sich jetzt dem Pulk Pendler auf dem Gehsteig gegenüber.
Ja, natürlich, alle rein mit euch. Und bloß nicht auf Höflichkeit achten… oder Physik. Wo ein Körper ist, können auch mal fünf sein. Erklärt sich überhaupt nicht von selbst. Scheiß` Sci-Fi-Serien auf Netflix – Leute, das ist nicht das echte Leben! Ehrlich, aua! Ja, ich würde mich auch gerne sonstwohin beamen, könnt ihr mir glauben. War eigentliche eine bescheuerte Idee, alle alten Star Trek-Serien gleichzeitig anzufangen, einfach zu viele… genau. Wie dieser Haufen Idioten hier. Sch…! Erst aus-, dann einsteigen! Aus. Ein. Wie beim Atmen, aber das würdet ihr wahrscheinlich auch nicht hinbekommen, wenns nicht angeboren wäre. Da hat der komische Typ da ja nochmal Glück gehabt. Wie der Tod auf Latschen! Hat der überhaupt im letzten Monat geschlafen? Oder geduscht? Ekelhaft. Bloß nicht atmen… Schlafen! Bett! Das wär toll! Jetzt. Sofort. Ich muss endlich das Schlafzimmer streichen. Ist schon monatelang auf der To-Do-Liste. Nein, wenn du mir mit dem Kinderwagen über den Fuß fährst, geht es auch nicht schneller! Und bitte den Kaffee direkt über meine Jacke, heiß und fleckig, mein Lieblingsdesign. Design. Ja, Farben fürs Schlafzimmer – ist gar nicht so einfach. Malve? Rose? Irgendwas helles. Nicht zu viel. Mein Gott, hat der im Parfüm gebadet? Aber in dem seiner Oma.
Sie musste würgen. Sie fuhr die Ellenbogen aus und drückte sich durch die blind in den Bus drängende Menge. Endlich konnte sie wieder atmen.
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Schreibübung zum Thema Gedankenstrom
Bus fahren in der Rushhour zu Corona-Zeiten? Fühlt sich so an: Morgens während Corona (1).
Und zack wird mir Corona wieder sympatischer. Social Distancing ist vor allem im Pendlerverkehr gar nicht mal verkehrt. Aber ich finde es interessant, wie wir jetzt die Normalität vor Corona betrachten. Ich glaube so eine Normalität, wie du sie beschreibst und wie wir sie vor Corona erlebt haben, wird der Vergangenheit angehören.
Das neue „normal“: Öffentlicher Nahverkehr, wo jeder Fahrgast seine eigene Kabine hat, damit man immer noch ein paar Leute mehr hineinquetschen kann, als derzeit mit Abstand möglich. So, wie diese modernen Parkhäuser: man steigt in die eigene Kabine, die sich schließt und sich dann im Wagen selbst verräumt – je nachdem, welche Haltestelle man als Endhaltestelle für sich selbst programmiert. Ein Entertainment-System soll Platzangst verhindern.
Dabei können sich diese Kabinen in 2er und 3er Kabinen zusammenschließen, je nachdem, ob man alleine oder mit Familie, Kinderwagen, dem Einkauf aus dem Bauhaus unterwegs ist. Baukastensystem. Man zahlt nicht mehr pro Person, sondern pro Kabine. Schwarzfahren bedeutet, sich in der Kabine von jemand anderem mitnehmen zu lassen. Schwarzfahren ist gesellschaftlich absolut verpönt – nicht wegen des geprellten Preises, sondern wegen der potenziellen gesundheitlichen Gefahr, der man den Mitnehmenden ausgesetzt hat. Absolut asoziales Verhalten.
Das Traurige an der Sache: der traumhafte Flirt mit dem unbekannten Fremden morgens in der Früh über mehrere Sitzreihen hinweg wird sonicht mehr möglich sein. Aber vielleicht gibt es im Entertainment-System ein „Blickflirt“-Programm, das ähnlich unterhaltsam ist?
Diese Antwort an sich wäre es schon wert, zu einer neuen Geschichte verarbeitet zu werden… Ich würde mich sehr darüber freuen👍
Ich stimme Gaby zu, das schreit förmlich nach einer Geschichte! Bitte, bitte!
Und dann… am nächsten Tag… Nochmal das gleiche… Aber ohne alles… Ist definitiv auch nicht besser😵
Liebe Gaby, ja, das stimmt und eine gute Idee für einen Text. Kommt auf die Liste! LG