von Jana
„Ist das nicht genial?!“
Eigentlich war das Ganze so sehr Hape gewesen, dass ich mich später nur noch fragte, warum es mich so überrascht hatte.
Hape war einzigartig in jeder nur möglichen Hinsicht. Vielleicht musste man das auch sein, wenn die Eltern einen „Hans-Peter“ genannt hatten. Jedenfalls gehörte „anders sein“ und „gegensteuern“ zu Hapes Wesen, er lebte es einfach.
Und es waren nicht mal die blauen Haare, die zur Hälfte unter grell-bunten Mützen versteckt waren oder die völlig zerrissenen roten Turnschuhe. Nicht nur.
Auch nicht, dass er oft auf der Straße anfing laut zu singen.
Aber vielleicht, dass er jeden Obdachlosen, der auf der Straße bettelte, mit Handschlag grüßte und sich mit ihm unterhielt, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, während ich peinlich berührt daneben stand.
Diese unbekümmerte, kompromisslose Offenheit war es wohl, die Hape am meisten ausmachte.
Er hatte nie viel Geld und als er mich um 20 Euro bat für „ein geniales Teil“ gab ich sie ihm, denn er hätte sein letztes Kaugummi mit mir geteilt, wenn es darauf angekommen wäre.
Später zeigte er es mir, „das geniale Teil“, ein breites Grinsen im Gesicht. Es war ein T-Shirt mit einer Katze. Einer lachenden Katze. Einer lachenden Katze mit einer großen pinken Brille im Gesicht. Einer großen, pinken, glitzernden Brille.
„Also, was sagst du? Ist das nicht genial?“
Ich öffnete den Mund. Mein Unterbewusstsein brachte mich dazu, den Vorgang langsam, fast in Zeitlupe auszuführen und all die empörten Ausrufe, die mir zunächst in den Sinn kamen, versiegten dadurch ungesagt auf der Zunge.
„Ja klar!“, antwortete mein Mund schließlich, ein wenig zu meiner eigenen Überraschung.
Hape schenkte mir ein wohlwollendes Lächeln.
Ein paar Tage später trug er das T-Shirt, mit dem ihm eigenen unantastbaren Stolz und er erntete viel Lob – zumindest von den Obdachlosen, als er sie mit Handschlag grüßte und mit der Glitzerbrillen-Katze um die Wette strahlte.
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