von Jana, Lesezeit < 5 min.

It`s quite perfect here. Er wirkt perfekt, mit sich im Reinen. Entspannt zurückgelehnt, träumend, die Augen geschlossen, sunday-morning-mood. Nichts muss, keine Termine, keine Verpflichtungen, nur sein. Ein Ruhepol, umgeben von hellen, schmucklosen Mauern, kühl gegen die Hitze des schwülen Sommers.
Die Stimmen der Besucher hallen durch die Gänge, zurückgeworfen von den nackten Mauern, vielfach verstärkt. Wie in einer Bahnhofshalle am Sonntagabend kurz vor Abfahrt des letzten Zuges, im Aufbruch befindlich zurück nach wer weiß wohin. Hektisch, eilig, alle müssen, niemand will. Streit und Zorn und Abschiedsschmerz.
Ihn kümmert das alles nicht. Nicht die Welt, nicht ihr Schmerz. Ein Monument aus Stein. Blind, taub und schön. Makellos.
Er ist nicht allein. Sie tanzt um ihn herum, unablässig, Runde für Runde, eine eifersüchtige Beschützerin. Nur wovor? Die Welt kann ihm nichts anhaben. Und ich, ich sitze nur hier, beobachtend, neidisch auf seine gelassene Ignoranz, von der ich so gerne etwas abhaben möchte. Von der Haut aus Stein, von dem nach innen gerichteten Blick, auf ewig der Welt entrückt.
Der nächste Schwall von Stimmen, eine unaufhaltsame Welle Lärm und Hektik und Aufbruch. So fehl an diesem Ort.
Und wieder eine Runde der Beschützerin, die fragenden, ungeduldigen Blicke, die mich treffen. Was tut sie da?
Immer noch innehalten. Immer noch beobachten.
Und dann ehrfürchtig unter der strahlenden Kuppel die Erkenntnis: Du bleibst hier, für immer. Fern von dieser Welt in deinem kleinen Kosmos, blind und taub für uns. Der immer gleiche Raum, nur du, sonst nichts. Ich kann gehen, kommen und gehen wie die hallenden Stimmen, nur Besucher in deinem Stückchen Ewigkeit.
It´s quite perfect here. Doch bist du glücklich?
Ich jedenfalls gehe. Zurück in die schwüle Hitze des Sommers.

Der Text entstand im Rahmen eines Schreibexperiments „Schreiben überall“, das der Frage nachgeht, ob und wie sich der Ort, an dem man schreibt, auf den Text auswirkt.