Photo by Maria Oswalt on Unsplash
von Jana, Lesezeit ca. 7 Min

Für den ersten Teil, die Vorgeschichte von Carmen, klickt Ihr hier.

„Es geht um die Zukunft unserer Welten!“

Die Worte unseres Anführers hallten immer noch laut und schneidend in meinem Kopf. Zusammen mit den wenig hilfreichen Ratschlägen wie „Du musst es schaffen!“ und „Wenn du scheiterst, werden wir alle vergehen.“ Als wüsste ich nicht, wie ernst die Lage war. Als hätte ich nicht erlebt, wie unsere Welten zuerst gerettet wurden und dann doch nach und nach vergangen sind. Weil wir feststellen mussten, dass wir ohne die Riesen nicht leben können. Dass ohne die Riesen das Universum kalt und leer geworden ist und wir im Nichts hängen, ohne Ziel, ohne Perspektive und wir langsam selbst zu Nichts werden.

Ich zupfte nervös an meinem Tarnanzug. Ich hatte meine Welt verlassen müssen, um diesen Auftrag auszuführen. Es war nicht schlimm, sie würde bestehen bleiben, wie alle unsere Welten seit Max Oberon und Clarice Stapleton das neue unzerstörbare Polymer entwickelt hatten. Doch wenn ich erfolgreich wäre, dann hätte ich keine Welt mehr, zu der ich zurückkommen konnte. Diesen Gedanken versuchte ich zu verdrängen, während ich die mit Platanen gesäumte Straße entlang in Richtung des Parks schwebte. Die Sonne schien, Vögel zwitscherten und von irgendwoher drang Lachen an mein Ohr. Ich verstand, warum die alten Riesen manchmal vom Frühling sprachen, den es längst nicht mehr gab. Die Sonne in unserer Zeit ließ zu jeder Jahreszeit die Haut der Riesen verkohlen. Sie lebten jetzt unterirdisch und sie starben. Bald würde es keinen von ihnen mehr geben.

Als ich den Park erreichte, hatte ich keine Mühe, die Zielpersonen zu finden. Unser Anführer hatte mich alte Fotos studieren lassen, doch es wäre nicht nötig gewesen. Die Feier zum ersten Prototyp des neuartigen Polymers fand zentral auf einer großen Wiese statt. Vermeintlich wichtige Riesen standen am Rand und ihre kleineren Exemplare spielten in der Mitte.

Ich erkannte die neuartigen Welten, die wie meine unzerstörbar waren zwischen den herkömmlichen meiner Vorfahren. So zerbrechlich, so leicht zu zerstören. Sie alle waren noch dem Schlund unterworfen gewesen, der ihnen die Luft aussagte und sie nach und nach verschrumpeln ließ. Ein grausames Schicksal, zu dem ich sie nun wieder verurteilen würde. Doch die Gemeinschaft aller Welten hatte entschieden: Lieber ein kurzes Leben als eine ewige Existenz im Nichts eines leeren Universums. Denn es war die Herstellung dieses Polymers gewesen, die den Untergang der Riesen einläutete. Soweit wir es nachforschen konnten, wurde ein Gas bei der Herstellung ausgestoßen, das sich in der Luft mit Kohlendioxid zum schlimmsten Treibhausgas aller Zeiten vermischte und die Erderwärmung um ein Vielfaches beschleunigte.

Noch lachten die kleinen Exemplare und selbst Max und Clarice beobachteten, wie eine Riesin mit blauen Haaren und roter Nase auf einer Welt herumdrückte, um sie zu einem tierähnlichen Objekt umzuformen. Ich zuckte zusammen, solche Schmerzen, die eine zarte Welt empfinden musste, nur zur Freude einer quietschenden Bande Riesen. Ich konnte nicht hinsehen.

Max und Clarice applaudierten, dann mischten sie sich unter die Menge. Ich beobachtete Max, er griff nach einer der alten Welten und betrachtete sie, als würde er verstehen, was er in der Hand hielt. Doch er tat es nicht, würde es nie, denn ich war nicht hier, um ihn etwas zu lehren. Ich schwebte in seine Nähe, dann atmete ich tief durch. Ich musste nur seine Schläfe berühren, so konnte ich seine innere Zentrale stoppen. Von dieser Fähigkeit hatten wir lange nichts gewusst, doch seit wir ewig existierten, hatten wir vieles über die Riesen neu gelernt. Max sank zu Boden, doch ich hatte nicht sorgfältig geplant. Die Welt in seiner Hand wurde unter ihm zerquetscht und zerplatzte. Ich hatte sie zerstört.